
Energiekrise: Hinweise für Südthüringer Handwerksbetriebe
Updates, Regelungen, Spartipps, Fördermöglichkeiten und Veranstaltungen
Seit fast drei Jahren befindet sich das Südthüringer Handwerk in einem Ausnahmezustand. Beginnend mit den gravierenden Einschränkungen durch die Coronakrise. Nun tragen massive wirtschaftliche Auswirkungen durch den Ukraine-Krieg, Wirtschaftssanktionen gegen Russland, Materialengpässe und vor allem die extrem gestiegenen Energiekosten dazu bei, dass viele der Südthüringer Handwerksunternehmen vor existenzielle Probleme gestellt werden.
Mit der folgenden Sammlung an wichtigen Updates möchte die Handwerkskammer Südthüringen ihre Mitgliedsbetriebe unterstützen und wichtige Regelungen bekanntgeben.
Gesetzliche Regelungen und Vorgaben
An dieser Stelle finden Sie die wesentlichen durch den Bund beschlossenen Regelungen und Vorgaben mit den entsprechenden Inhalten.
02.12.2022: Thüringer Existenzsicherungsprogramm
In Thüringen steht seit dem 1. Dezember 2022 ein eigenes Härtefallprogramm für gewerbliche Unternehmen, die aufgrund der steigenden Energiekosten in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht sind, zur Verfügung. Die Programmplattform bei der Thüringer Aufbaubank ( verlinken: https://www.aufbaubank.de/Foerderprogramme/Thueringer-Existenzsicherungsprogramm ) ist bereits freigeschaltet. Über das „Thüringer Existenzsicherungsprogramm“ können Unternehmen, deren Energiekosten sich mindestens verdoppelt haben und denen deshalb absehbar eine Zahlungsunfähigkeit droht, finanzielle Hilfen vom Land erhalten. Welche Unternehmen gefördert werden, ist in einer Positivliste ergänzend zum Förderprogramm aufgeführt werden. Darüber hinaus sieht das Förderprogramm auch eine Unterstützung für von der Energiekrise mittelbar betroffene Unternehmen vor. Das TMWWDG hatte im Vorfeld die Handwerkskammern, Industrie- und Handelskammern sowie die berufsständischen Organisationen Steuerberaterverband und Steuerberaterkammer Thüringen in die Erarbeitung der Richtlinie eingebunden.
Für das „Thüringer Existenzsicherungsprogramm“ stehen dem Wirtschaftsministerium aus dem Sondervermögen des Landes 120 Millionen Euro zur Verfügung. Bei Strom und Gas greift ab einer Vervierfachung der Kosten künftig das geplante Härtefallprogramm des Bundes.
- Mit seinem Programm ist Thüringen damit das erste Bundesland, das ein entsprechendes Programm an den Start bringt, um die Verzögerungen beim geplanten Härtefallfonds zu kompensieren. Von einer Existenzbedrohung im Sinne des „Thüringer Existenzsicherungsprogramms“ ist dann auszugehen, wenn sich die Energieaufwendungen seit März 2022 (bis Ende November 2022) mindestens verdoppelt haben. Für die Berechnung des Energiekostenanstiegs werden dabei nicht nur (wie in der geplanten Bundesrichtlinie) die Preise für Strom und Gas, sondern auch für andere Energieträger wie Heizöl, Fernwärme, Holzpellets, Kohle, Benzin oder Diesel einbezogen.
- Zudem werden auch indirekte Energiekostensteigerungen auf Vorprodukte, Rohstoffe, Betriebsmittel oder Maschinen berücksichtigt, die von Vorlieferanten an ein Unternehmen weitergegeben werden.
- Der Zuschuss bemisst sich nach der Höhe des Energiekostenanstiegs – bei einer Verdopplung beträgt er 40 % der Mehraufwendungen, bis zu einer Verdreifachung 60 %, für einen darüberhinausgehenden Kostenanstieg 80 % der Mehraufwendungen.
- Voraussetzung für die Bewilligung der Hilfe ist, dass ihre wirtschaftliche Existenz nachweisbar durch die aktuelle Energiekrise gefährdet ist (drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) und diese Gefährdung durch die Förderung abgewendet werden kann. Diese Tatsache muss durch einen Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Buchprüfer oder Fachanwalt für Steuerrecht bestätigt werden. Die Kosten für diese Leistung werden den Unternehmen pauschal in Höhe von 1.800 Euro erstattet.
- Das gesamte Hilfspaket des Freistaates Thüringen umfasst neben dem „Thüringer Existenzsicherungsprogramm“ auch längerfristig angelegte günstige Darlehen sowie Förderangebote zur Ermöglichung von Zukunftsinvestitionen.
- Weitere Informationen enthalten:
15.11.2022: Gaspreis: Dezember-Soforthilfe kann in Kraft treten
Der Bundesrat hat am 14.11.2022 in einer Sondersitzung die Dezember-Soforthilfen für Gas- und Wärmekunden gebilligt, die der Bundestag am 10.11.2022 beschlossen hatte. Das Gesetz kann nach Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten wie geplant in Kraft treten:
Die aufkommenden Fragen zur Art und Weise der Berechnung der Entlastung hat das BMWK in einem FAQ zur Thematik beantwortet:
FAQ Dezember-Soforthilfe im Gas- und Wärmebereich
14.11.2022: Überblick über die geplanten Entlastungen Strom- und Gaspreisbremse
Bund und Länder haben sich auf eine Gas- und Strompreisbremse - befristet bis April 2024 - geeinigt. Inwieweit dieser Entwurf im Bundestag und Bundesrat letztendlich bestätigt und beschlossen wird, kann derzeit nicht beurteilt werden. Wir haben für Sie zunächst eine Übersicht über die geplanten Vorhaben zusammengestellt, die Ihnen einen ersten Überblick gewährt:
Übersicht Kabinettsbeschluss Gas- und Strompreisbremse
01.11.2022: Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz
Am 25.10.2022 wurde das Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz verkündet, welchem der Bundesrat am 7.10.2022 zugestimmt hatte.
Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz
Im Gesetz ist außerdem die temporäre Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz sowie auf Fernwärme enthalten. Der Umsatzsteuersatz für Gaslieferungen über das Erdgasnetz wird von Oktober bis Ende März 2024 von 19 auf 7 Prozent verringert. Ursprünglich stand diese Maßnahme im Zusammenhang mit der Einführung der Gasumlage, mit der angeschlagene Gasimporteure gerettet werden sollten. Obwohl die umstrittene Umlage gekippt wurde, wird an der Senkung des Steuersatzes festgehalten, um Gaskunden zu entlasten. Ebenso begünstigt wird die Lieferung von Wärme über ein Wärmenetz. Die Finanzverwaltung hat hierzu bereits ein BMF-Schreiben veröffentlicht.
Befristete Absenkung des Umsatzsteuersatzes für Lieferungen von Gas über das Erdgasnetz und Wärme
Die Inflationsausgleichsprämie in Form von Zuschüssen oder Sachbezügen kann Arbeitnehmern nun gewährt werden, da das entsprechende Gesetz am 25.10.2022 verkündet wurde.
Inflationsausgleichsprämie für Arbeitnehmer
Arbeitgeber können die Inflationsausgleichsprämie bis zu einem Betrag von 3.000 EUR steuer- und sozialversicherungsfrei an ihre Arbeitnehmer gewähren (§ 3 Nr. 11c EStG). Bei der Inflationsausgleichsprämie handelt es sich um eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers, auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer keinen rechtlichen Anspruch haben. Es handelt sich im Weiteren um einen steuerlichen Freibetrag. Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass die Leistung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt wird. Arbeitgeber können die Prämie vom 26.10.2022 bis zum 31.12.2024 auszahlen (auch Zahlungen in mehreren Teilbeträgen sind möglich).
Zusammenhang zwischen Leistung und Preissteigerung
An den Zusammenhang zwischen Leistung und Preissteigerung sollen keine besonderen Anforderungen gestellt werden. Es soll genügen, wenn der Arbeitgeber bei Gewährung der Leistung in beliebiger Form (zum Beispiel durch entsprechenden Hinweis auf dem Überweisungsträger im Rahmen der Lohnabrechnung) deutlich macht, dass diese im Zusammenhang mit der Preissteigerung steht.
28.09.2022: Energiesicherungsverordnungen
Das Bundeskabinett hat am 24.08.2022 zwei Energiesicherungsverordnungen beschlossen und darin kurz- und mittelfristige Maßnahmen zur Energieeinsparung festgelegt. Die Verordnungen sollen einen Beitrag zur sicheren Energieversorgung – insbesondere Gas – leisten. Neben der Einsparung von Gas sind auch Stromsparmaßnahmen vorgesehen, um so die Stromerzeugung mit Gas zu verringern.
Diese Verordnungen beinhalten auch für Handwerksbetriebe relevante Maßnahmen.
- Das dauerhafte Offenhalten von Ladentüren und Eingangssystemen in Geschäftsräumen des Einzelhandels ist untersagt.
- Der Betrieb beleuchteter oder lichtemittierender Werbeanlagen ist nachts von 22 Uhr bis 6 Uhr des Folgetages untersagt.
- Die Beleuchtung von Gebäuden und Baudenkmälern von außen mit Ausnahme von Sicherheits- und Notbeleuchtung ist untersagt.
- Für Arbeitsräume werden die Mindesttemperaturen nach Arbeitsstättenrichtlinie angepasst:
1. für körperlich leichte und überwiegend sitzende Tätigkeit 19°C,
2. für körperlich leichte Tätigkeit überwiegend im Stehen oder Gehen 18°C
3. für mittelschwere und überwiegend sitzende Tätigkeit 18°C,
4. für mittelschwere Tätigkeit überwiegend im Stehen oder Gehen 16°C oder
5. für körperlich schwere Tätigkeit 12°C.Text
- Betreiber von Erdgasheizungen werden verpflichtet, eine Heizungsprüfung durch eine fachkundige Person wie z.B. Schornsteinfeger, Handwerker des SHK-Gewerks, Ofen- und Heizungsbauer oder Energieberater durchführen zu lassen. Das Ergebnis der Prüfung ist schriftlich festzuhalten und eine Optimierung der Anlage ist bis zum 15.09.2024 durchzuführen.
- Gaszentralheizungen in Nichtwohngebäuden ab 1.000 m² beheizter Fläche sind bis zum 30.09.2023 hydraulisch abzugleichen.
- Unternehmen, die gemäß § 8 EDL-G ein Energieaudit durchgeführt haben oder ein Energiemanagementsystem betreiben, sind verpflichtet, alle als wirtschaftlich identifizierten Maßnahmen unverzüglich umzusetzen. Diese
- Maßnahmen sind spätestens innerhalb von 18 Monaten umzusetzen. Diese Pflichten gelten nicht für Unternehmen, deren Gesamtenergieverbrauch innerhalb der letzten drei Jahre im Durchschnitt weniger als 10 Gigawattstunden pro Weitere detaillierte Informationen des BMWK
1. und 2. Maßnahmenpaket des Bundes zum Umgang mit den hohen Energiekosten
Einmaliger Heizkostenzuschuss für Wohngeldbezieher sowie für BaföG-Bezieher
Einmalige Energiepreispauschale in Höhe von 300,00 EUR für alle einkommenssteuerpflichtigen Erwerbstätigen
Kinderbonus 2022 (einmalige Zahlung an Familien in Höhe von 100,00 EUR je Kind)
Einmalzahlung in Höhe von 200,00 EUR für Bezieher von Sozialleistungen
Einmalzahlung in Höhe von 100,00 EUR für Bezieher von ALG 1
Energiesteuer auf Kraftstoffe wurde vom 01.06.2022 bis zum 31.08.2022 gesenkt
(um 29,55 Cent/l für Benzin und um 14,04 Cent/l für Diesel)
9-Euro-Ticket für den ÖPNV vom 01.06.2022 bis zum 31.08.2022
Rückwirkend zum 01.01.2022 wurde der Arbeitnehmerpauschbetrag auf 1.200,00 EUR erhöht
Rückwirkend zum 01.01.2022 wurde der Grundfreibetrag auf 10.347,00 EUR erhöht
Rückwirkend zum 01.01.2022 wurde die Entfernungspauschale für Pendler auf 39 Cent ab dem 21. Kilometer erhöht
Tipps zur Kosteneinsparung
Um den Mitgliedsunternehmen in den Zeiten der Energiekrise zu helfen und die bestmöglichste Unterstützung zu gewährleisten, bietet die Handwerkskammer Südthüringen mit dem Umweltzentrum des Handwerks Unterstützungsmaßnahmen, Dienstleistungen und Sonderkonditionen an, um Kosten einzusparen und energieeffiziente Lösungen umzusetzen.
Die Handwerkskammer Südthüringen hat Rahmenverträge für Strom-, Gas und Kraftstofflieferungen abgeschlossen, damit die Mitgliedsbetriebe günstige Konditionen erhalten.
Nahezu jeder Unternehmer stellt sich grade in Zeiten der Energiekrise die Frage zur Betriebskostensenkung, insbesondere im Energiebereich. Die Maßnahmen beginnen bei einfachen und kostengünstigen Optimierungen.
Wir unterstützen Sie mit unserem kostenfreien Beratungsangebot bei der Findung, Beurteilung und Umsetzung Ihrer Energieeinsparpotentiale vor Ort und zeigen auch Fördermöglichkeiten auf.
In folgenden Bereichen können wir für Sie tätig werden:
- Gebäude-Kurzcheck, Schwachstellenanalyse und Orientierungsberatung für Betriebsgebäude
- Monitoring des betrieblichen Energieverbrauches mit Kennzahlfassung, Einführung Energieaudit und Auswertung durch Partne (im Rahmen der Mittelstandsinitiative Energiewende und Klimaschutz möglich durch Umweltzentrum des Handwerks Thüringen in Rudolstadt)
- Hinweise zur CO2-Bilanzierung für Prozesse oder Produkte, Umsetzung von Nachhaltigkeitsanforderungen
- Hinweise zum baulichen Wärmeschutz, zur Fehlervermeidung in Bauphysik (Planung) und Ausführung
(Ausstellung und Lehrbaustellen zur Bausanierung im BTZ Rohr-Kloster / Praxiszentrum) - Identifizieren von Einsparpotentialen und Unterstützung zur Entwicklung von Effizienzmaßnahmen
- Informationen über Lösungen zur Eigenstromerzeugung und Integration von Wärme, Strom und eMobilität
Einen Leitfaden „Energieeffizienz im Handwerk“, Arbeitsmittel und Informationen stehen allen Betrieben auf der Seite www.energieeffizienz-handwerk.de zur Verfügung.
Um einen Überblick über die Energieverbräuche und Kosten zu erhalten, steht den Betrieben das kostenlose E-Tool zur Verfügung.
Das Umweltzentrum des Handwerks Thüringen bietet den Handwerksunternehmen eine Vielzahl an messtechnischen Dienstleistungen an, um die jeweilige Energiesituation in den Unternehmen genau zu analysieren und Unterstützung zu geben. Dazu zählen unter anderem folgende Angebote:
Datenlogging an Strom-, Gas- und Wasserverbrauchszählern
Lastgangmessung Strom direkt an der Maschine oder im Schaltschrank
Unterstützung bei der Beleuchtungsumrüstung
Leckageortung an Druckluftsystemen
Infrarot-Thermografie
Luftdichtheitsmessung (Blower-Door)
Detailiertere Informationen zu den Technischen Dienstleistungen des Umweltzentrum des Handwerks Thüringen finden Sie unter: www.umweltzentrum.de
Fördermöglichkeiten
Gerade in der jetzigen Zeit ist es wichtiger denn je, einen Überlick über die vielen Fördermöglichkeiten und Hilfen von Bund oder Land Thüringen zu erhalten.
(Hier finden Sie Möglichkeiten für kurzfristige Liquiditätshilfen. Zudem gibt die Thüringer Aufbaubank auf dieser Seite einen Überblick, welche Wirtschaftshilfen zur Verfügung stehen und aktualisiert die Seite, wenn es Neuerungen gibt.)
Für weitere Informationen stehen Ihnen unsere betriebswirtschaftlichen Berater der Handwerkskammer Südthüringen zur Verfügung.
Seminare und Veranstaltungen
Branchenspezifische Onlineseminare zu Energiesparmaßnahmen
Die Mittelstandsinitiative Energiewende und Klimaschutz hat auf ihrer Internetseite https://www.energieeffizienz-handwerk.de/themen-gewerke für einzelne Schwerpunktgewerke verschieden Informationsangebote zusammengestellt. Unter anderem werden branchenspezifischen Onlinevideos zu Energieeinsparpotentialen zur Verfügung gestellt.
Branchenunabhängige Seminare zu Energiesparmaßnahmen
Ukrainekrieg
Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen hat bereits mit Schreiben vom 25. März 2022 auf Bundesebene eine Regelung getroffen, welche Handlungsmöglichkeiten zur Abfederung von Lieferengpässen und Preissteigerungen bei Baumaterialien vorsieht.
Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) hat bereits mit Schreiben vom 25. März 2022 auf Bundesebene eine Regelung getroffen, welche Handlungsmöglichkeiten zur Abfederung von Lieferengpässen und Preissteigerungen bei Baumaterialien vorsieht. Mit Erlass vom 22. Juni 2022 hat das BMWSB den Erlass vom 25. März 2022 konkretisiert und ergänzt.
Diese Regelungen sind nachfolgend auch für Auftragsvergaben des Freistaats Thüringen für den Bereich der Bundes- und Landesstraßen und den Hochbau übernommen worden.
Den Gemeinden und Landkreisen wurde empfohlen, die in den Erlassen aufgeführten Sonderregelungen im Rahmen ihrer kommunalen Baumaßnahmen ebenfalls anzuwenden, ohne dass dies allerdings zwingend wäre.
Die vollständigen Schreiben des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen finden Sie hier.
Erlass des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen vom 25. März 2022
Erlass des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen vom 22. Juni 2022
Die Erlasse sehen Möglichkeiten der Vertragsanpassung zur Abfederung der Folgen des Ukraine – Konfliktes im Rahmen von Bauverträgen mit bestimmten öffentlichen Auftraggebern vor und nennen zugleich hierfür erforderliche Voraussetzungen.
Zusammenfassung der möglichen Maßnahmen
Folgende Produktgruppen waren zunächst von dem Erlass vom 25. März 2022 umfasst:
- Stahl und Stahllegierungen
- Aluminium
- Kupfer
- Erdölprodukte (Bitumen, Kunststoffrohre, Folien und
- Dichtbahnen, Asphaltmischgut)
- Epoxidharze
- Zementprodukte
- Holz
- Gusseiserne Rohre
Neue Vergabeverfahren:
Die Voraussetzungen für die Vereinbarung von Preisgleitklauseln werden erleichtert und auch für kurzfristigere Baumaßnahmen (> 1 Monat) eröffnet. Vertragsfristen sind der Situation anzupassen, Vertragsstrafen nur im Ausnahmefall zu vereinbaren.
Der Erlass vom 22. Juni 2022 stellt klar, dass Stoffpreisgleitklauseln auch für sonstige, nicht ausdrücklich genannte Stoffe vereinbart werden können, wenn die sonstigen Voraussetzungen für die Vereinbarung einer solchen Klausel vorliegen.
Laufende Vergabeverfahren:
Soweit Angebote noch nicht geöffnet wurden, sind Stoffpreisgleitklauseln nachträglich einzubeziehen. Bieterforderungen nach Einbeziehung einer solchen Klausel sind im Regelfall zu folgen.
Anpassung bestehender Verträge:
Das sind Verträge, die vor dem 11. März 2022 geschlossen wurden.
Sind Materialien nachweislich nicht beschaffbar, ist von höherer Gewalt auszugehen. Die Ausführungsfrist verlängert sich ohne Entstehung von Schadenersatzansprüchen gegen das Unternehmen.
Die derzeitigen Preissteigerungen infolge des Ukraine – Krieges sind grundsätzlich geeignet, die Geschäftsgrundlage geschlossener Verträge im Sinne von § 313 BGB zu stören. (Störung der Geschäftsgrundlage)
Im Einzelfall kann das dazu führen, dass eine Anpassung von Vertragspreisen verlangt werden kann. Wann die Schwelle der Unzumutbarkeit der Erfüllung des Vertrages zu unveränderten Preisen erreicht ist, ist Frage des Einzelfalles.
Beachten Sie hierzu bitte die Ausführungen in den Schreiben vom 25. März 2022 bzw. 22. Juni 2022.
Eine drohende Insolvenz des Unternehmens bei Vertragserfüllung ist nicht Voraussetzung für eine Anpassung der Vertragspreise, andererseits soll es nicht genügen, dass der kalkulierte Gewinn durch die Preissteigerungen aufgezehrt wird.
Es ist also im jeweiligen Einzelfall festzustellen, ob die eingetretene Preissteigerung so immens ausfällt, dass dem Bauunternehmen ein Festhalten am Vertrag zu unveränderten Konditionen nicht zumutbar ist.
In diesem Fall soll eine Vertragsanpassung erfolgen, wobei die Mehrkosten angemessen auf die Parteien des Vertrages aufgeteilt werden sollen.
Aber auch unterhalb der Schwelle der „gestörten Geschäftsgrundlage“ können Verträge abgeändert werden, wenn dadurch ein Nachteil für die Baumaßnahme (z.B. Verzögerungen, Verwaltungs-aufwand, Folgekosten) verhindert werden kann.
Unter gewissen Umständen können auch aus solchen Gründen nachträgliche Vertragsanpassungen im Einzelfall möglich sein.
Verlangen Unternehmen auf diesen Grundlagen Vertragsanpassungen, so haben sie das Vorliegen der erforderlichen Voraussetzungen nachzuweisen.
Weiterhin kann unter gewissen Voraussetzungen auch nachträglich eine Stoffpreisgleitklausel vereinbart werden.
Einzelheiten zur Vereinbarung und Berechnung solcher Stoffpreisgleitklauseln sind im Erlass vom 22. Juni 2022 dargestellt.
Die genannten Regelungen gelten zunächst bis zum 31. Dezember 2022.
Für weitere Informationen steht Ihnen das Beraterteam der Handwerkskammer Südthüringen gern zur Verfügung.
Ansprechpartner:
Christian Beck
Tel. 03681 370160
Praxisleitfaden des ZDH zu den zivilrechtlichen Folgen des Ukrainekrieges
DIHK Deutscher Industrie- und Handelskammertag