Das Verwaltungsgericht (VG) Meiningen entschied mit Urteil vom 13.12.2022 (Az. 8 K 1325/21 Me), dass ein Widerrufs- und Leistungsbescheid aufgehoben wird, der einen Bewilligungsbescheid über Corona-Soforthilfe aus dem Thüringer Soforthilfeprogramm Corona 2020 widerrief. Für einen Widerruf des Bescheides können nur die zum Antragszeitpunkt geltenden Rechtsgrundlagen und Richtlinien herangezogen werden. Eine nachträgliche Änderung der Richtlinien kann nicht zum Nachteil des Antragsstellers führen, der den Antrag vor Änderung der Richtlinie ordnungsgemäß gestellt hat.
Von Unternehmen, die ihren Antrag ordnungsgemäß vor dem 2. April 2020 gestellt haben, kann die Soforthilfe nicht zurückgefordert werden. Mit Verweis auf das vorliegende Urteil können Unternehmer gegen den Rückforderungsbescheid Einspruch erheben. Damit folgt ein Verwaltungsgericht erstmals in Thüringen ähnlichen Rechtsprechungen aus NRW.
Kernaussagen des Urteils:
- Berechnung des „Liquiditätsengpasses“ zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht definiert: In der Richtlinie vom 25.03.2020 war weder ein „Liquiditätsengpass“ erwähnt oder gar definiert noch die Voraussetzung genannt, dass es auf die ab der Antragstellung „maßgeblich folgenden drei Monate“ ankomme.
- nachträgliche Änderungen der Verwaltungspraxis (neue Richtlinie ab 03.04.2020) können nicht für den Widerruf des Förderbescheides herangezogen werden: Der Behörde soll nicht die Möglichkeit eröffnet werden, die rechtliche Bewertung abgeschlossener Sachverhalte offenzulassen oder einer zukünftigen rechtlichen Bewertung vorzubehalten. Der Zuwendungsempfänger muss sich auf die im Antragsverfahren gleichmäßig ausgeübte Verwaltungspraxis und den Inhalt des Bewilligungsbescheides einstellen können. Eine Änderung bzw. Präzisierung der Verwaltungspraxis im Hinblick auf die Zweckbestimmung kann insoweit nicht rückwirkend vorgenommen werden.
- Eine Zweckverfehlung (Überwindung einer existenzgefährdenden Wirtschaftslage) kann daher nicht angenommen werden, im Ergebnis führt dies zur Rechtswidrigkeit des Widerrufs- und Leistungsbescheides, so dass dieser aufzuheben ist.