Handlungsauftrag an die Politik

Thüringer Handwerkstag e.V. verabschiedet 10-Punkte-Programm


Im Rahmen der Mitgliederversammlung des Thüringer Handwerkstags e.V. (THT) am 22. April in der Bildungsstätte der Handwerkskammer für Ostthüringen in Gera wurde nicht nur ein neuer Vorstand gewählt. Die Veranstaltung markierte auch einen wichtigen politischen Dialog mit dem neuen Ministerpräsidenten Mario Voigt – mit klaren Botschaften aus dem Handwerk.

Stefan Lobenstein wurde einstimmig als Präsident des Thüringer Handwerkstags bestätigt. An seine Seite wurde Torsten Juch als neuer Vizepräsident gewählt, er gehörte bislang dem THT-Vorstand an. Neu in das Gremium gewählt wurden René  Bauer (Obermeister Textilreiniger-Innung des Landes Thüringen) und Jan Heinemann (Obermeister des Landesinnungsverbandes des Maler- und Lackiererhandwerks Thüringen). Im Amt bestätigt wurden Mike Kämmer, Präsident der Handwerkskammer Südthüringen, und Wolfgang Jacob, Präsident der Handwerkskammer für Ostthüringen. Mit großem Dank für ihr langjähriges Engagement wurden Patrick Taubald und Max-Jürgen Scharff aus dem Vorstand verabschiedet.

10-Punkte-Programm als Handlungsauftrag an die Politik

Zentrales Ergebnis der Versammlung war die Verabschiedung eines 10-Punkte-Programms, das den politischen Entscheidern übergeben wurde – mit klaren Forderungen nach Bürokratieabbau, Steuer- und Energiekostenentlastung, einer modernen Berufsausbildung und gezielter Fachkräftegewinnung. „Unsere Betriebe brauchen nicht noch mehr Vorschriften, sondern weniger Hürden und mehr Freiräume“, forderte Lobenstein in seiner Grundsatzrede. Insbesondere kleine und mittlere Handwerksbetriebe litten unter immer neuen Nachweispflichten, langwierigen Genehmigungsverfahren und unübersichtlichen Förderrichtlinien.

Fokus auf Fachkräftesicherung und Praktikumsprämie

Ein besonders dringliches Anliegen des Thüringer Handwerks ist die Weiterführung der 2024 gestarteten Praktikumsprämie. Aus Sicht des THT ist dies ein wirkungsvolles Instrument, um Jugendliche für handwerkliche Berufe zu begeistern. „Wir brauchen direkte Erfahrungen – am besten im Betrieb. Die Praktikumsprämie zeigt jungen Menschen und ihren Eltern, dass praktische Orientierung wertgeschätzt wird“, betont Lobenstein.

Nachfolge sichern, Investitionen ermöglichen

Auch die Themen Meistergründungsförderung und Unternehmensnachfolge wurden intensiv diskutiert. Die wirtschaftliche Lage vieler Betriebe ist angespannt – zugleich stehen tausende Handwerksbetriebe in den kommenden Jahren zur Übergabe an. Der THT fordert gezielte Anreize und einfach zugängliche Beratungsangebote, um Existenzgründungen und Unternehmensnachfolgen zu erleichtern. Lobenstein: „Jeder Euro, der hier investiert wird, sichert nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch die Versorgungssicherheit im Land.“

Das 10-Punkte-Programm in der Übersicht:

  1. Bürokratieabbau und Entlastung: Weg mit überflüssigen Regeln und Dokumentationspflichten! Schaffen Sie Freiräume für Unternehmertum und Eigenverantwortung!
  2. Bezahlbare Energie sichern: Senken Sie die Energiekosten, beschleunigen Sie den Ausbau erneuerbarer Energien in Thüringen und unterstützen Sie Unternehmen bei der Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen.
  3. Steuern runter, Wettbewerb rauf: Schaffen Sie ein gerechtes und einfaches Steuersystem, das Leistung belohnt und Investitionen fördert!
  4. Investitionen in die Zukunft: Sanieren Sie marode Infrastruktur, investieren Sie in flächendeckende Mobilfunknetz, schnelles Internet und digitale Technologien sowie eine moderne Verwaltung.
  5. Klare Kante für das Handwerk: Entwickeln Sie eine zielgerichtete Förderpolitik, die die besonderen Bedürfnisse des Handwerks berücksichtigt!
  6. Ausbildung stärken, Fachkräfte sichern: Modernisieren und stärken Sie die duale Berufsausbildung, schaffen Sie Gleichwertigkeit (Regelförderung der Berufsbildungs- und Technologiezentren) und erleichtern Sie die Gewinnung von Fachkräften!
  7. Schaffung günstiger Rahmenbedingungen für Unternehmensnachfolge und Existenzgründungen: Fördern Sie gezielt Betriebsübernahmen und Existenzgründungen im Handwerk durch finanzielle Anreize, vereinfachen Sie bürokratische Prozesse und schaffen Sie praxisnahe Beratungsangebote!
  8. Anerkennung für Macher: Handwerk ist Zukunftsmacher! Berufliche Orientierung entsprechend der Landesstrategie verstetigen, Image der beruflichen Bildung stärken, Aufstiegschancen aufzeigen und Gleichwertigkeit ermöglichen.
  9. Bauordnung entschlacken, Innovationen ermöglichen: Modernisieren Sie die Thüringer Bauordnung! Schaffen Sie praxisferne Vorschriften ab und fördern Sie den Einsatz innovativer Materialien und Bauweisen.
  10. Nachhaltigkeit fördern: Schaffen Sie Anreize für die Nutzung regionaler Ressourcen und die Etablierung einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft! Für ein starkes und zukunftsfähiges Handwerk in Thüringen!

Appell an Ministerpräsident Voigt: Politik muss liefern

Im Dialog mit Ministerpräsident Mario Voigt appellierte das Thüringer Handwerk an die Landesregierung, nun die im Wahlkampf gemachten Zusagen umzusetzen: „Das Handwerk hat geliefert – jetzt ist die Politik am Zug. Wir erwarten klare Entscheidungen, ein Ende des Stillstands und die Umsetzung der zugesagten Maßnahmen. Thüringen braucht ein handlungsfähiges und handwerksfreundliches Klima, wenn wir wirtschaftlich stark bleiben wollen“, so Lobenstein.

Ministerpräsident Voigt zeigte sich in der Gesprächsrunde offen für eine enge Zusammenarbeit mit dem Handwerk. Er stellte eine stärkere Berücksichtigung des Handwerks im geplanten Doppelhaushalt 2026/2027 in Aussicht und hob die Bedeutung planungssicherer Rahmenbedingungen für den Mittelstand hervor. Oberste Priorität habe für ihn derzeit der Bürokratieabbau. Auch der Forderung des Handwerks, die Praktikumsprämie in diesem Jahr fortzusetzen, werde er nachgehen, versicherte der Ministerpräsident mündlich.

Thüringer Handwerk als verlässlicher Partner

Mit rund 29.400 Betrieben und 147.000 Beschäftigten ist das Handwerk einer der größten Arbeitgeber in Thüringen. „Wir gestalten Heimat, sichern Versorgung und schaffen Perspektiven – das Handwerk ist ein unverzichtbarer Teil unserer Gesellschaft“, so Lobenstein abschließend. Der Thüringer Handwerkstag bekräftigte seine Bereitschaft zum weiteren Dialog mit der Landespolitik – verbunden mit der Erwartung, dass dieser auch zu konkretem politischen Handeln führt.

Der neue Vorstand des Thüringer Handwerkstags e.V. (v.l.n.r.): Mike Kämmer (Präsident der Handwerkskammer Südthüringen), Wolfgang Jacob (Präsident der Handwerkskammer für Ostthüringen), Torsten Juch (Vizepräsident des THT), Stefan Lobenstein (Präsident des THT), Jan Heinemann (Obermeister des Landesinnungsverbands des Maler- und Lackiererhandwerks Thüringen), René Bauer (Innungsobermeister der Textilreiniger-Innung des Landes Thüringen) mit THT-Geschäftsführer Thomas Malcherek.