
28.04.2025: Das Südthüringer Handwerk sieht Talsohle bei Geschäftslageentwicklung noch nicht als überwunden an.
Die Handwerkskammer Südthüringen hat die Ergebnisse ihrer Frühjahrsumfrage unter ihren Mitgliedsunternehmen veröffentlicht. Das Stimmungsbild von insgesamt 764 teilnehmenden Handwerksbetrieben ist dabei eindeutig: Bislang sieht das Handwerk in der Region noch keine Anzeichen für die lange erhoffte Konjunkturbelebung. Die nun bereits mehr als ein Jahr währende Stagnation dauert an.
Allgemeines Geschäftsklima
Die Geschäftslagebeurteilung der Südthüringer Handwerksunternehmen in den ersten Monaten des Jahres 2025 hat sich gegenüber dem Vorjahr erneut leicht verschlechtert. Andere Konjunkturparameter wie Auftragslage und Betriebsauslastung blieben dagegen auf Vorjahresniveau oder leicht darüber.
Gut ein Drittel der Umfrageteilnehmer schätzen ihre Auftragslage als unterdurchschnittlich ein, 43 Prozent mussten Umsatzeinbußen in Kauf nehmen. Vor allem in Bau- und Ausbaubetrieben sowie bei Zulieferern, die auf Aufträge aus dem Wohnungsbau und aus der Industrie angewiesen sind, ist die Situation weiterhin besonders angespannt.
Nur noch 34 Prozent (Vorjahr 36 Prozent) der befragten Betriebe bewerteten ihre Geschäftslage mit gut, 44 mit zufriedenstellend (Vorjahr 45 Prozent) und 21 Prozent meldeten eine schlechte Geschäftslage (Vorjahr 18 Prozent). Der Geschäftslageindex ist auf 56,5 Punkte gesunken. Damit liegt er nochmals zwei Punkte unter dem Wert des Frühjahrs 2024 und unterschreitet sogar leicht den bisherigen Zehnjahres-Tiefstwert aus der Hochzeit der Corona-Pandemie.
Im Vergleich zum Vorjahresquartal verbessert haben sich die Einschätzungen der Kfz-Betriebe und der Gesundheitshandwerke. Aus diesen Bereichen sowie von den Bäckern, Fleischern und Konditoren kommen, die Konjunkturprognosen betreffend, positive Impulse. Allerdings sind diese teilweise saisonbedingt und haben nur wenig Einfluss auf die Gesamtsituation. Insgesamt rechnen 16 Prozent der Umfrageteilnehmer mit einer besseren Geschäftslage im kommenden Quartal, 20 Prozent befürchten eine weitere Verschlechterung. Die Erwartungen der Umfrageteilnehmer deuten darauf hin, dass das Südthüringer Handwerk die Talsohle noch nicht als durchschritten ansieht.
Aufträge und Betriebsauslastung
Gestützt wird diese Erwartungshaltung durch die Entwicklung der Geschäftszahlen, die bislang keine Anzeichen für substanzielles Wachstum erkennen lassen. Zwar haben sich sowohl die berichtete Auftragslage, als auch die Betriebsauslastung im Vergleich zum Vorjahreszeitraum geringfügig erholt. Allerdings bewegen sie sich weiterhin insgesamt auf ähnlich niedrigem Niveau wie 2024.
Gegenüber dem Vorquartal konnten 13 Prozent der Betriebe einen höheren Auftragsbestand verzeichnen (Vorjahr 9 Prozent), 38 Prozent (Vorjahr 37 Prozent) meldeten rückläufige Auftragsbestände, in 49 Prozent der Betriebe blieben diese unverändert (Vorjahr 54 Prozent). Dabei schätzten sieben Prozent der Teilnehmer ihre Auftragslage als überdurchschnittlich ein (Vorjahr acht Prozent), während 36 Prozent (Vorjahr 35 Prozent) diese nur mit unterdurchschnittlich bewerteten. Das Auftragspolster ist im Durchschnitt von 7 Wochen auf 10 Wochen angestiegen, der Median liegt bei 6 Wochen.
Dementsprechend bewegt sich die Auslastung etwa auf Vorjahresniveau. 42 Prozent (Vorjahr 40 Prozent) konnten betriebliche Kapazitäten gut, das heißt zu über 80 Prozent, auslasten. 18 Prozent (Vorjahr 15) hatten zu viele freie Kapazitäten und meldeten eine Auslastung von 50 Prozent und darunter.
Umsätze
Die Umsätze der befragten Betriebe sind in den Monaten Januar, Februar und März gegenüber dem Vorjahreszeitraum zwar leicht gestiegen, blieben aber auch weiterhin per Saldo rückläufig. Umsatzeinbußen verzeichneten ebenso wie im Vorjahr insgesamt 43 Prozent der Befragten, gestiegene Umsätze dagegen nur 15 Prozent (Vorjahr 11 Prozent). Die größten Umsatzeinbußen kamen aus dem Bauhauptgewerbe, den Handwerken und Dienstleistern für den gewerblichen Bedarf und dem Nahrungsmittelgewerbe.
In den kommenden Monaten erwartet zumindest ein Teil der Umfrageteilnehmer eine Verbesserung der Auftragslage und steigende Umsätze.
Preise
Die Inflationsrate in Thüringen lag im März bei durchschnittlich 1,8 Prozent und erreicht somit allmählich wieder das Vorkrisenniveau. Überdurchschnittlich gestiegen sind dabei die Preise für Nahrungsmittel (+2,8 Prozent) und Gesundheitsleistungen (+2,6 Prozent). Auch das Handwerk war von dieser Entwicklung betroffen. Ein- und Verkaufspreise sind weiter gestiegen, der Grad der Überwälzung war im Vergleich zum Vorjahr allerdings etwas höher. Im Berichtsquartal informierten 73 Prozent der Handwerksunternehmen über gestiegene Einkaufspreise (Vorjahr 74 Prozent), 43 Prozent (Vorjahr 41 Prozent) konnten die Preise für ihre Produkte und Leistungen anheben.
Beschäftigte
Die Zahl der Beschäftigten ging im Berichtszeitraum leicht zurück. Sechs Prozent der Betriebsinhaber konnten zusätzliche Mitarbeiter gewinnen, 18 Prozent berichten von einer rückläufigen Mitarbeiterzahl. Überdurchschnittlich betroffen vom Rückgang sind das Bau- und Ausbauhandwerk, wohingegen im Kfz-Handwerk der Anteil von Unternehmen mit rückläufigen Mitarbeiterzahlen nur leicht über jenem mit steigenden Zahlen liegt.
Investitionen
Verhalten positive Impulse kommen von der Investitionstätigkeit im Südthüringer Handwerk. Diese hat sich im Vergleich zum Vorjahr verbessert und ist – allerdings ausgehend von einem Zehn-Jahres-Tief – nun bereits das zweite Quartal in Folge gewachsen. Gestiegene Investitionen meldeten 12 Prozent der befragten Betriebsinhaber (Vorjahr 9 Prozent), 43 Prozent haben dagegen weniger investiert. (Vorjahr 47 Prozent). Der Anteil der Betriebe, die im Berichtszeitraum Investitionen getätigt haben, ist auf 34 Prozent gestiegen (Vorjahr 31 Prozent). Die Investitionserwartungen für das anstehende Sommerquartal sind jedoch insgesamt durchwachsen.
Fazit
Alexander Voigt, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Südthüringen, sieht in den politischen Rahmenbedingungen die Ursache für die anhaltende wirtschaftliche Stagnation: „Dass wir noch nicht von Erholung oder gar Aufschwung im Südthüringer Handwerk sprechen können, hat einerseits mit den zahlreichen Krisen der Vergangenheit zu tun. Zum anderen hat die Wirtschaftspolitik in unserem Land zuletzt dazu geführt, dass wir es mit strukturellen und weniger konjunkturellen Problemen zu tun haben. Die neue Bundesregierung wird sich daran messen lassen müssen, wie ernst sie das Thema Wirtschaftspolitik und besonders die Herausforderungen für die neuen Länder nimmt. Es muss nun schnellstmöglich darum gehen, die wirtschaftliche Abwärtsspirale, in der wir uns befinden, zu stoppen. Als Vertretung des Handwerks in Südthüringen werden wir daher weiterhin den direkten Kontakt nach Erfurt und Berlin suchen und mit Nachdruck unsere Anliegen transportieren.“

Vor allem in den Bau- und Dienstleistungshandwerken wird die Geschäftslage anhaltend ungünstig beurteilt.