Auf Sommertour im Handwerk

Staatssekretäre im Gespräch mit Südthüringer Handwerksunternehmen


60 Seiten Vorbemerkungen für eine öffentlich ausgeschriebene Reparatur von sechs Quadratmetern Fläche? Herkunftsnachweise für jedes verwendete Bauteil vom Ziegel bis zur Schraube? Schülerinnen und Schüler, die nach dem Schulabschluss manchmal kaum eine Vorstellung haben von der Arbeitswelt? Es waren Beispiele wie diese, welche Dr. Katja Böhler und Carsten Feller, Staatssekretäre im Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft, auf ihrer diesjährigen Sommertour durch die Region anschaulich geschildert bekamen. Insgesamt acht Südthüringer Handwerksunternehmen besuchten sie im Sommer vor der Landtagswahl, um persönlich mit den Vertretern des Mittelstands ins Gespräch zu kommen.

Eine der Stationen auf der Sommertour war die Dachdecker Tautenhain GmbH in Steinbach-Hallenberg. Bürokratie und Fachkräftemangel stellen Seniorchef Frank Tautenhain jeden Tag vor große Herausforderungen: Mittlerweile seien vier von sechzehn Beschäftigten regelmäßig im Büro mit Dokumentation, Anträgen und sonstigen Formularen beschäftigt. „Ich möchte draußen sein auf der Baustelle, aber die Bürokratie raubt uns die Zeit für die eigentliche Arbeit“, erläutert auch sein Sohn Thomas. Zugleich sei es spätestens seit den Einschnitten der Pandemiezeit und dem Boom der digitalen Medien noch schwerer geworden, geeigneten Nachwuchs zu finden. „Es kostet immer mehr Arbeit, um die Jugendlichen abzuholen“, weiß Thomas Tautenhain.

Innovation, Engagement, Ausdauer und unternehmerisches Denken sind die Rezepte, die das Familienunternehmen diesen Herausforderungen entgegensetzt – und dies mit Erfolg: Dank guter Vernetzung, persönlicher Ansprache in den Schulen vor Ort, ausdauernder Werbung und vor allem jeder Menge Zuversicht sind heute wieder drei Lehrlinge im Unternehmen beschäftigt. Auch die Betriebsnachfolge ist gesichert.

Sich zu engagieren und am Puls der Zeit zu sein, lohnt sich. Dies zeigte sich auch beim Betriebsbesuch von Staatssekretär Feller bei der Elektro Sonneberg eG. Das erfolgreiche Unternehmen für Elektroninstallationen aller Art setzt konsequent auf Ausbildung und Praktika und belohnt besonders gute Leistungen mit Prämien. „Wer nicht ausbildet, hat schon verloren“, weiß Geschäftsführer André Müller. Den Schülern müsse aber auch frühzeitig vermittelt werden, dass es bei der Berufswahl sowohl auf Leidenschaft, als auch auf Leistungsbereitschaft ankomme. Er sprach sich deshalb aus für mehr praktischen Kontakt zur Arbeitswelt in den Schulen und für eine intensivere Unterstützung bei der Suche nach dem passenden Praktikum.

Thomas und Frank Tautenhain (1. u. 2.v.r.) nahmen beim Gespräch mit Staatssekretär Carsten Feller (1.v.l.) kein Blatt vor den Mund.