
Pressemitteilung Nr. 78/2025 des Bundesverwaltungsgerichts zur Rechtssache 3 C 14.24 – Urteil vom 09. Oktober 2025: Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat – wie schon das Bundesarbeitsgericht am 20. März 2024 (5 AZR 234/23) – entschieden, dass eine SARS-CoV-2-Infektion auch bei einem symptomlosen Verlauf eine Krankheit i. S. v. § 3 Abs. 1 EFZG darstellt. Diese führt zur Arbeitsunfähigkeit, wenn es dem Arbeitnehmer infolge einer behördlichen Absonderungsanordnung rechtlich unmöglich ist, die geschuldete Tätigkeit bei dem Arbeitgeber zu erbringen und eine Arbeitsleistung in der häuslichen Umgebung nicht in Betracht kommt. Arbeitgeber, die einem Arbeitnehmer für die Zeit der Absonderung wegen einer Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus Zahlungen geleistet haben, haben keinen Erstattungsanspruch nach § 56 Abs. 5 Satz 3 des Infektions-schutzgesetzes (IfSG). Sie waren auch im Falle eines symptomlosen Verlaufes der Infektion nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG) zur Zahlung des Arbeitsentgelts verpflichtet.
Die Klägerin ist ein Unternehmen des Gebäudereinigungs-Handwerks und beschäftigte im Rahmen eines Minijobs eine Arbeitnehmerin, die im November 2022 mittels eines PCR-Tests positiv auf SARS-CoV-2 getestet wurde. Aufgrund dieses Ergebnisses war die mehrfach geimpfte Arbeitnehmerin nach der Corona-Test-und-Quarantäneverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen verpflichtet, sich abzusondern. Die Klägerin hat der Arbeitnehmerin auch für diese Zeit das vereinbarte Arbeitsentgelt ausbezahlt und begehrt dessen Erstattung. In ihrem Erstattungsantrag gab sie an, ihre Arbeitnehmerin sei nicht „arbeitsunfähig krank“ gewesen, habe ihre Tätigkeit aber nicht von zu Hause ausüben können. Der Beklagte hat den Antrag abgelehnt. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erstattung, weil sie ihre Arbeitnehmerin nicht im Sinne von § 56 Abs. 1 und 5 IfSG entschädigt habe, sondern nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz zur Zahlung verpflichtet ge-blieben sei. Das Verwaltungsgericht hatte die hierauf erhobene Klage unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts abgewiesen und die Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die dagegen eingelegte Sprungrevision der Klägerin zurückgewiesen. Arbeitgebern sind die Beträge zu erstatten, die sie als Entschädigung nach § 56 Abs. 1 IfSG ihren Arbeitnehmern für einen Verdienstausfall ausbezahlen, den diese durch eine Absonderung erleiden. An einem Verdienstausfall fehle es jedoch, wenn der Arbeitnehmer abweichend von der Grundregel „keine Leistung, kein Entgelt“ einen Anspruch auf das Arbeitsentgelt hat. Das sei hier der Fall. Die Arbeitnehmerin der Klägerin hatte einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (§ 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG). Die Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus begründe einen regelwidrigen körperlichen Zustand und ist eine Krankheit. Verlaufe sie ohne Symptome, so ist der Arbeitnehmer zwar nicht schon wegen einer Beeinträchtigung seiner körperlichen Leistungsfähigkeit oder wegen seiner gesundheitlichen Wiederherstellung daran gehindert, die von ihm geschuldete Tätigkeit zu erbringen. Er sei aber auch dann infolge seiner Krankheit arbeitsunfähig, wenn er sich wegen der Infektion in häusliche Quarantäne abzusondern hat und es ihm deswegen rechtlich nicht möglich ist, seine Arbeitsleistung zu erbringen.
Der Senat schließt sich damit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts an. Es ist nunmehr zu erwarten, dass alle noch offenen Anträge auf Erstattung bzw. Verwaltungsgerichtsverfahren mit diesem BVerwG-Urteil zuungunsten der antragstellenden Arbeitgeber entschieden werden.
(Quelle: VWT e. V.)