
Im Gespräch mit dem ehrenamtlichen Prüfer Frank Ranft
Frank Ranft ist das, was man ein Urgestein nennen könnte: seit 26 Jahren ist er ehrenamtliches Mitglied im Prüfungsausschuss für das Fleischerhandwerk in Thüringen. Ans Aufhören denkt der rüstige Rentner im totalen Unruhestand, wie er selbst beschreibt, noch nicht. Bis 2030 wurde er erneut in den Prüfungsausschuss berufen. Im Interview schwärmt Frank Ranft für das Fleischerhandwerk und erklärt, warum ihm das Ehrenamt so wichtig ist.
Herr Ranft, was hat Sie bewegt, als ehrenamtlicher Prüfer für die Handwerkskammer tätig zu sein?
Ich war seit 1998 Berufsschullehrer am SBBZ in Suhl/ Zella-Mehlis. Ich habe Fleischer, Fachverkäufer, Lebensmitteltechniker ausgebildet und parallel dazu in allen denkbaren Prüfungsausschüssen mitgearbeitet. Es gehörte zu den sogenannten unteilbaren Aufgaben eines Berufsschullehrers, an Prüfungen mitzuwirken. Und wenn man dann ein bisschen Verantwortung übernommen hatte, dann musste man auch die Prüfungsaufgaben erarbeiten. Später bin ich auch in der Meisterschule der Fleischer gelandet. Ich bin dort Dozent und in acht Prüfungsausschüssen immer noch aktiv. Der entscheidende Faktor war aber eigentlich mein Mentor. Der hat damals zu mir einen Satz gesagt, den ich nie vergessen habe. Der hat gesagt: „Frank, wenn du was gestalten willst, wenn du Einfluss haben willst, dann musst du mitmachen. Nur wer dabei ist, kann auch was verändern.“ Und das war eigentlich der Hauptgrund, weshalb ich gesagt habe, ich mache dort mit.
Wie kommt es, dass Sie sich seit so langer Zeit engagieren und auch in den kommenden Jahren noch aktiv dabei sein wollen?
Es macht viel Spaß, nach wie vor. Ich mache es in allererster Linie, weil ich alle Kollegen kenne. Ich war im Berufsbildungsausschuss beim Landtag und im Berufsbildungsausschuss der IHK Südthüringen und der Erfurter IHK. Wenn man das engagiert macht, dann kommt man gar nicht drum herum, überall mitzumachen. In der Nachfolge passiert nicht so viel, wie wir uns das wünschen. Es sind zu Wenige da, die dieses Ehrenamt noch in der Intensität machen wollen, wie es sein muss. Das heißt, man muss sehr viel Freizeit, sehr viel Engagement mitbringen.
Denken Sie, dass sich auch jüngere Leute aus dem Berufsfeld mit diesem Argument, etwas verändern zu können, für ein solches Ehrenamt motivieren lassen?
Wir haben schon sehr viele Junge in die Ausschüsse geholt, was ich mir wirklich auch ein bisschen an die Fahne heften musste. Ich wollte neue Ideen. Ich war zwar auch schon 42, als ich angefangen habe, aber ich hatte trotzdem eintausend Ideen, die ich gerne verwirklichen wollte. Und dann habe ich mir die Jungen ins Boot geholt. und alle, die jetzt dort stehen. Die sind alle viel jünger als ich. Und die Jugend hat frischen Wind reingebracht. Wir haben wirklich etwas verändert. Es gibt wenig, es gibt überhaupt keine pekuniären Gründe dafür. Denn Geld verdienen kann man damit nicht.
Was genau hat sich im Prüfungswesen verändert?
Sie werden das vielleicht wissen, wenn Sie mal irgendwo bei einem Fleischer früher etwas für eine Feierlichkeit bestellt haben. Da hast du ein Kilo Gehacktes gekriegt. Und jetzt? Da wird regelrecht gezaubert. Das ist jetzt ein neuer Standard. Darauf sind alle stolz, auch altgediente Kollegen. Es gibt aber auch überregionale Wettbewerbe bei den Fleischern und Fleischfachverkäufern. Da waren regelmäßig Siegertypen dabei. Die kommen daher, dass die Anforderungen sukzessive erhöht wurden, auch gegen Widerstände.
Die Anforderungen an den Fleischerberuf haben sich also auch mit den Kundenwünschen und dem Zeitgeist weiterentwickelt?
Absolut! Die Kunden sind nicht mehr zufrieden mit 08/15. Der Fleischer und die Fleischerfachverkäufer sind absolut konservative Berufe. Ehe sich an diesen Stellen etwas ändert , das dauert ewig. Ich höre noch genau, wie die alten Fleischermeister gesagt haben: Ihr mit euren neumodischen Ideen! Und wieso muss ein Fleischer denn kochen können? Es gibt keinen Fleischer mehr, der nicht ein Catering oder Partyservice hat und damit 50 Prozent seines Geldes verdient. Als ich angefangen habe, war das undenkbar. Da war die Bratwurst das Maximale, was der Fleischer anbieten konnte. Das ist heute anders. Heute sind die Fleischer Allrounder, die können alles Mögliche.
Legen Sie als Prüfer auf besondere Aspekte wert?
Ich bin prinzipiell der Meinung, dass man bei den Prüfungen die Prüflinge in die Lage versetzen sollte, uns als Prüfer zu zeigen, was sie können und nicht, was sie nicht können. Und viele Prüfer neigen dazu, dem Prüfling nachzuweisen: Das kannst nicht und das hast du auch nicht ordentlich gelernt! Und das gefällt mir nicht. Ich bin bekannt dafür, dass ich es genau andersherum mache. Vielleicht auch, weil ich Vater bin? Keine Ahnung.
Hatten Sie Highlights in Ihrer Tätigkeit, wenn Sie so zurückblicken?
Ja, eine ganze Menge! Wir haben zum Beispiel über Jahre am mitteldeutschen Leistungsvergleich in Leipzig auf der Messe teilgenommen, der sehr hoch angebunden war. Dort waren wir immer mit vornedran. Highlights sind für mich in erster Linie gute und ausgezeichnete Lehrlinge. Der erste Vietnamese, der bei mir in die Berufsschule gegangen ist, der war Sieger beim Wettbewerb der Mitteldeutschen Fleischer. Das werde ich nie vergessen. Oder wenn du alte Lehrlinge triffst und jeder, der dich sieht, auch die, die du nicht leiden konntest, grüßt dich und freut sich, dass er dich sieht. Das sind dann Highlights.
Wie würden Sie jemanden motivieren, sich ehrenamtlich im Prüfungsausschuss zu engagieren?
Es gibt dieses Hemmnis, dass die meisten Betriebe nicht bereit sind, ihre Ehrenamtler freizustellen. Im Gesetz steht, dass ein Ehrenamtler im Bereich Feuerwehr und Technisches Hilfswerk bezahlt freizustellen ist. Alle anderen können unbezahlt freigestellt werden. Und das ist eine Krux, die muss geändert werden. An erster Stelle müsste das Ehrenamt in den Betrieben deutlicher klargestellt werden und eine bezahlte Freistellung wäre wünschenswert. Und dann muss ich jedem sagen, der sich dafür interessiert: Wenn du was verändern willst, gehe in den Ausschuss. Du lernst den Beruf besser kennen, du lernst die Betriebe besser kennen, lernst alle Leute in den Betrieben kennen. Du bekommst Netzwerke. Netzwerke sind das Allerwichtigste. Es ist ein toller Job, es ist ein tolles Ehrenamt.

Frank Ranft hat in seiner langjährigen Tätigkeit als Berufsschullehrer und Prüfer den Wandel zum modernen Fleischerberuf miterlebt.