Konjunkturumfrage 3. Quartal: Südthüringer Handwerk kämpft mit Auftragsrückgang und sinkender Auslastung
Im dritten Quartal 2024 zeigt sich das Geschäftsklima im Handwerk der Region Südthüringen weiterhin eingetrübt. Dies ist das Ergebnis der aktuellen Konjunkturumfrage der Handwerkskammer Südthüringen unter ihren Mitgliedsunternehmen.
Im Vergleich zum Herbst 2023 sind die Rahmenbedingungen für viele Betriebe nicht besser geworden. Die Auftragslage hat sich weiter verschlechtert, was zu einer spürbaren Abnahme der Betriebsauslastung geführt hat. Rückläufige Umsätze tragen zusätzlich zur schlechten Stimmung im Südthüringer Handwerk bei.
So bewerteten im Durchschnitt der Branchen nur noch 38 Prozent der befragten Betriebe ihre Geschäftslage mit gut (Vorjahr 41 Prozent), 44 Prozent (Vorjahr 43 Prozent) meldeten eine zufriedenstellende Geschäftslage und 18 Prozent (Vorjahr 16 Prozent) bewerteten ihre Geschäftslage als schlecht. Besonders im Bereich der Handwerke und Dienstleister für den gewerblichen Bedarf, vor allem bei den Zulieferern, ist die Geschäftslage stark eingebrochen. Auch im Bau- und Ausbaubereich hat sich das Geschäftsklima weiter eingetrübt. Zugleich wird es für Handwerksunternehmen immer schwieriger, qualifizierte und bezahlbare Fachkräfte zu finden.
Diese Entwicklungen gefährden zunehmend die wirtschaftliche Stabilität und die Planungssicherheit der Unternehmen. Die Zuversicht unter den Südthüringer Handwerkern schwindet, so dass viele Betriebe auch in den nächsten Monaten nicht mit einer Entspannung rechnen. Sechs Prozent der befragten Betriebsinhaber erwarten eine Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Lage, 29 Prozent befürchten eine Verschlechterung und 65 Prozent rechnen nicht mit Veränderungen.
Aufträge und Betriebsauslastung
Auftragslage und Betriebsauslastung im Handwerk gingen sowohl verglichen mit dem Vorjahreszeitraum auch mit dem ersten Quartal 2024 weiter zurück.
Insgesamt bewerten nur sechs Prozent der Handwerker ihre Auftragslage als überdurchschnittlich (Vorjahr acht Prozent), 35 Prozent dagegen als unterdurchschnittlich (Vorjahr 27 Prozent). Besonders stark betroffen sind die Zulieferer und Dienstleister für den gewerblichen Bedarf, die signifikante Rückgänge verzeichnen mussten.
Gegenüber dem Vorquartal konnten nur fünf Prozent der befragten Handwerker im Berichtszeitraum ein Auftragsplus verbuchen. Im Vorjahr waren es noch 13 Prozent. Die Mehrheit, nämlich 64 Prozent (Vorjahr 57 Prozent), meldete eine unveränderte Auftragsentwicklung, während 31 Prozent (Vorjahr 30 Prozent) von einer rückläufigen Entwicklung berichteten.
Entsprechend ist auch der Auslastungsgrad gesunken. 64 Prozent der Befragten konnten betriebliche Kapazitäten gut (zu über 80 Prozent) auslasten, 13 Prozent erreichten lediglich einen Auslastungsgrad von 50 Prozent und weniger.
Im letzten Quartal des Jahres 2024 sind kaum Veränderungen zu erwarten. Lediglich das Nahrungsmittelgewerbe rechnet mit einer steigenden Nachfrage.
Umsätze
Im dritten Quartal 2024 zeigte die Umsatzentwicklung des Südthüringer Handwerks eine leichte Verbesserung im Vergleich zum Frühjahr, blieb jedoch bereichsübergreifend im Durchschnitt rückläufig: Der Anteil der Betriebe, die von Umsatzsteigerungen berichten, ist nach wie vor deutlich geringer als der Anteil der Unternehmen, die Umsatzeinbußen verzeichneten. So konnten lediglich zwölf Prozent der Befragten ein Umsatzplus erzielen. Im Vorjahr waren es noch 16 Prozent gewesen. Gleichzeitig blieben die Umsätze bei 55 Prozent der Betriebe konstant (Vorjahr 58 Prozent) und 33 Prozent der Unternehmen (Vorjahr 27 Prozent) waren von Umsatzeinbußen betroffen.
Die Aussichten für die kommenden Monate zeigen in der Summe wenig Veränderung, jedoch verschieben sich die Erwartungen der einzelnen Branchen: Nahrungsmittelhandwerke, Kfz-Betriebe und persönliche Dienstleister erwarten eine Verbesserung der Umsatzentwicklung. Zulieferer, Bau- und Ausbauunternehmen rechnen erneut mit einem deutlichen Rückgang der Umsatzzahlen.
Preise
Die Beschaffungspreise sind in den letzten Monaten deutlich weniger gestiegen als im Vorjahr. Die Inflationsrate ist 2024 weiter zurückgegangen und lag nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im August in Thüringen bei 1,9 Prozent.
Im Südthüringer Handwerk verzeichneten 57 Prozent der befragten Unternehmen gestiegene Ausgaben für Material und Rohstoffe. 29 Prozent korrigierten ihre Preise für Produkte und Leistungen nach oben.
Beschäftigte
Im Berichtszeitraum der Umfrage ist die Beschäftigtenzahl erneut leicht zurückgegangen. Neun Prozent der Betriebe konnten zusätzliches Personal gewinnen, 14 Prozent meldeten einen Rückgang der Beschäftigtenzahlen.
Investitionen
Besondere Beachtung verdient der aktuelle Stand der Investitionstätigkeit im regionalen Handwerk. Diese hat sich – ausgehend von einem äußerst schwachen Niveau im Frühjahr – im Umfragezeitraum kaum verbessert. 12 Prozent der Umfrageteilnehmer meldeten höhere Investitionsausgaben, 45 Prozent haben ihre Investitionsausgaben gekürzt. Der Anteil der investierenden Handwerksbetriebe in Südthüringen lag im dritten Quartal nur noch bei 17 Prozent.
Wachstumsimpulse benötigt
„Die Herausforderungen für das Südthüringer Handwerk sind vielschichtig und keineswegs neu“, erläutert HWK-Präsident Mike Kämmer. In den letzten Monaten hätten sich diese Herausforderungen jedoch nicht zuletzt durch eine schlechtere Auftragslage weiter verstärkt. Insbesondere die zögerliche Konsumnachfrage sowie die schwache Baukonjunktur hinterließen ihre Spuren in den Auftragsbüchern. „Konjunkturell herrscht in vielen Handwerken ein hartnäckiger Stillstand. Was unsere heimische Wirtschaft nun dringend braucht, sind wirkungsvolle Wachstumsimpulse und verlässliche Planungsgrundlagen“, so Kämmer.
Ein zentrales Anliegen vieler Südthüringer Handwerksunternehmen seien zudem die finanziellen Belastungen durch hohe Abgaben und gestiegene Aufwendungen für Personal, Energie und Material. Diese Kosten drückten nicht nur auf die Gewinnmargen, sondern wirkten sich auch auf die Preisgestaltung aus. „Unsere Mitgliedsunternehmen geben bei weitem nicht alle Kostensteigerungen an ihre Kunden weiter“, erläutert Mike Kämmer. Dennoch sehe er die reale Gefahr, dass steigende Preise für Dienstleistungen und Produkte die Nachfrage zusätzlich beeinträchtigen können. „Dieser Teufelskreis könnte sowohl Unternehmen als auch Kunden belasten und die Erholung weiter hinauszögern“, so Kämmer.
Insgesamt stünden Handwerksbetriebe vor der Herausforderung, trotz derzeit besonders großer Unsicherheiten ihre wirtschaftliche Stabilität zu sichern. Gleichzeitig könne es sich das Handwerk aber nicht erlauben, bei den Bemühungen um qualifizierten Fachkräftenachwuchs nachzulassen. „Es bedarf innovativer Ansätze und politischer Unterstützung, um diesen vielschichtigen Problemen entgegenzuwirken und das Handwerk als wichtigen und lokal verwurzelten Wirtschaftszweig wieder nachhaltig zu stärken“, so Mike Kämmer.
An der Konjunkturumfrage der Handwerkskammer Südthüringen im dritten Quartal 2024 beteiligten sich 543 Betriebe mit 4732 Mitarbeitern. Zum 30. September 2024 waren 6485 Handwerksunternehmen in der Handwerksrolle der HWK Südthüringen registriert.
Im Bauhauptgewerbe ist die sonst übliche Sommerbelebung in diesem Jahr kaum spürbar gewesen.
An der stagnierenden Geschäftslage werden die fehlenden Wachstumsimpulse deutlich.
Die Auftragslage zeigt sich weiter unterdurchschnittlich.