
Frau Rosenthal, Sie arbeiten als Handwerksmeisterin mittlerweile in der Berufsbildung?
Ja, seit dem 1. April 2024 bin ich als Lehrkraft an den Staatlichen Berufsbildenden Schulen (SBBS) Eichsfeld in Leinefelde tätig, und diese Entscheidung hat mein Leben von Grund auf verändert. Die Arbeit als Fachpraxislehrerin für Ernährung und Hauswirtschaft erfüllt mich sehr, aber der Weg dorthin war alles andere als leicht.
Wie ist es dazu gekommen?
Mein beruflicher Weg begann bereits 2004, als ich meine Ausbildung zur Fleischereifachverkäuferin machte. Seitdem war ich 19 Jahre lang in diesem Beruf tätig.
Wie kamen Sie dann zu dem Entschluss, Ihren Meisterbrief zu erwerben?
Im Sommer 2023 begann ich, mich ernsthaft zu fragen, ob ich wirklich mein ganzes Arbeitsleben in der gleichen Rolle verbringen wollte, oder ob es noch etwas gab, das mich herausfordern und inspirieren könnte. Ich hatte immer großes Interesse daran, mein Wissen weiterzugeben, und so reifte in mir die Idee, eine Weiterbildung zur Fleischermeisterin zu machen – aber nicht, um eine eigene Fleischerei zu eröffnen, wie es bei vielen der Fall ist. Mein Ziel war es, die nächste Generation von Fachkräften auszubilden. Der Gedanke, anderen dabei zu helfen, in diesem Beruf Fuß zu fassen, reizte mich sehr.
Wie lief Ihr Meisterkurs ab?
Für meine Ausbildung zur Fleischermeisterin bewarb ich mich beim Berufsbildungs- und Technologiezentrum (BTZ) Rohr-Kloster. Fünf Monate lang war ich unter der Woche im Wohnheim untergebracht. Mein Alltag bestand aus acht Stunden Unterricht pro Tag, 250km von zuhause entfernt. Die Wochenenden, die ich zu Hause im Eichsfeld verbrachte, waren ebenfalls nicht unbedingt zur Erholung da. Denn neben den theoretischen Inhalten musste ich vor allem meine praktischen Fähigkeiten ausbauen. Samstags fuhr ich deshalb nach Reinholterode, wo mir Fleischermeister Tobias Weber großzügigerweise anbot, meine praktischen Kenntnisse zu erweitern. Es war keine einfache Aufgabe. Um 2:30 Uhr stieg ich ins Auto und fuhr in die Fleischerei, um pünktlich mit der Arbeit beginnen zu können. Diese Erfahrung zeigte mir, wie wichtig es ist, durchzuhalten und sich neuen Herausforderungen zu stellen.
Wie haben Sie anschließend Ihre Meisterprüfung erlebt?
Die Meisterprüfung, auf die ich so lange hingearbeitet hatte, war eine der größten Herausforderungen, denen ich mich je gestellt habe. Sie bestand nicht nur aus der Fachtheorie und den praktischen Aufgaben, sondern auch aus Betriebswirtschaft, rechtlichen Themen und pädagogischen Fragen. Besonders der pädagogische Teil interessierte mich sehr, da ich genau wusste, dass ich später als Lehrkraft arbeiten wollte.
Im praktischen Teil der Meisterprüfung waren wir sechs Kandidaten, und ich war die einzige Frau in dieser Runde. Das motivierte mich zusätzlich, mein Bestes zu geben und zu zeigen, dass auch Frauen im Fleischerhandwerk erfolgreich sein können.
Ist es das, was für Sie einen guten Meister ausmacht?
„Ist das meisterlich?“ Diese Frage begleitete mich durch die gesamte Prüfungsphase. Am Ende konnte ich die Prüfungskommissionen jedoch überzeugen. Es war ein Moment großer Erleichterung und Freude, als ich endlich das Meisterzeugnis in den Händen hielt.
Sie haben für den Meisterkurs Ihren Alltag komplett auf den Kopf gestellt. Wie haben Sie das geschafft?
Ohne die Unterstützung meiner Familie wäre dieser Weg unmöglich gewesen. Meine Eltern kümmerten sich um meinen elfjährigen Sohn, während ich in der Meisterschule war, und halfen mir finanziell, da sich mein Bafög-Antrag über sechs Monate hinzog.
Hat es sich für Sie gelohnt?
Der Höhepunkt war der Moment, als ich den Arbeitsvertrag bei der SBBS Eichsfeld als Fachpraxislehrerin für Ernährung und Hauswirtschaft unterschrieb. Es war ein unbeschreibliches Gefühl zu wissen, dass sich all die Mühe gelohnt hatte und ich nun mein Wissen weitergeben kann. Als Lehrerin kann ich junge Menschen auf ihrem beruflichen Weg unterstützen.
Mein Dank gilt auch dem BTZ Kloster-Rohr, das mir die Grundlage für diesen Neuanfang gegeben hat. Ich empfehle das BTZ jedem, der sich für eine handwerkliche Meisterausbildung interessiert. Die Entscheidung, die Meisterschule zu besuchen, hat mein Leben positiv verändert, und ich bin froh, diesen Schritt gegangen zu sein.

Als Lehrerin an der Berufsschule gibt Fleischermeisterin Julia Rosenthal ihr Wissen an die kommende Generation weiter.